6. Lobberich (Kreis Kempen). Wiederherstellung der alten katholischen
Pfarrkirche.
Die alte katholische Pfarrkirche in Lobberich war ursprünglich eine
ein schiffige Kreuzanlage des 15. Jahrhunderts, besonders merkwürdig
durch die geringe, nur ein Joch umfassende Ausdehnung des Langhauses (Grundriss
und Details Fig.25. - Querschnitt und Masswerke Fig. 26). Die Formen des
Langhauses sind wie bei allen spätgotischen Bauten des Niederrheines
äusserst schlicht, mehrfach abgetreppte Strebepfeiler, ein durchlaufendes
Kaffgesims und ein Hauptgesims von einfachem Kehlprofil. Der Turm allein
zeigt eine reichere Gliederung durch hohe Blenden mit reichem Masswerk und
einem Treppentürmchen an der Südseite. Als Material ist für
den Bau des Chores Tuff verwendet worden, wahrscheinlich das Material des
niedergelegten romanischen Kirchenbaues; im (übrigen ist es ein reiner
Ziegelbau, bei dem nur die Gesimse, Strebepfeilerabdeckungen und Masswerke
aus Tuff hergestellt sind.
Im Lauf der zeit wurde der Bau mannigfach -verändert ; im Jahre 1710
sind die Gewölbe im Chor entfernt worden oder eingestürzt. Endlich
im Jahr 1819 wurden zwei auch die Seiten des Turmes umfassende Seitenschiffe
angebaut. Schon seit 1870 erwies sich die Kirche als zu klein; da sie eng
eingebaut, an der einen Seite durch eine Häuserreihe vorn Marktgeschieden
und an der andern von dein Park des Hauses Ingenhoven begrenzt liegt, so
war eine brauchbare Erweiterung ziemlich ausgeschlossen. Der im Jahre 1893
eingeweihte Neubau
liegt ausserhalb des alten Lobberich; seitdem wurde bis zum Jahre 1896 zeitweise
noch Gottesdienst in der alten Kirche gehalten, für die Unterhaltung
des Baues geschah aber so gut wie nichts. In den von 1896 -1898 gepflogenen
Unterhandlungen war die Kirchgemeinde zu der Übernahme einer dauernden
Erhaltung der Kirche nicht zu bewegen; der bauliche Zustand, namentlich die
Verfassung der Dächer, war mittlerweile so schlecht geworden, dass im
Frühjahr . 1898 der Kirchplatz polizeilich gesperrt werden musste.
Unter den Umständen erteilte die Königliche Regierung die Genehmigung
zum Abbruch der Kirche mit Ausnahme des Turmes. In diesem Moment höchster
Gefahr gründete sich ein Verein zur Erhaltung der alten Kirche, der
die Verpflichtung der baulichen Instandsetzung.
Fig. 25 Lobberich. Grundriss u. Details der alten kathol.
Pfarrkirche.
der Kirche übernahm. Zu den Kosten der Wiederherstellung der Kirche,
die rund 24 000 Mk. betragen, haben die Königliche Staatsregierung 2000
Mk., der 42. Rheinische Provinziallandtag 4000 Mk. beigetragen; der Rest
ist von dem Verein zur Erhaltung der alten Pfarrkirche durch Anleihe und
freiwillige Beiträge aufgebracht worden.
Die Arbeiten begannen im Frühjahr 1898 und waren am Ende des Jahres
1901 im wesentlichen abgeschlossen. In den Jahren 1898 und 1899 wurden das
Mauerwerk, die Gesimse und Masswerke der Blenden, sowie das Dach des Turmes
in Stand gesetzt; im Inneren des Turmes waren grössere Breschen auszumauern,
die durch die Herausnahme des alten Glockenstuhles entstanden waren. Im Jahre
1899 kamen ausserdem die Herstellung des sehr defekten Langhausdaches, das
Ausflicken am Mauerwerk des Langhauses, Herstellung der wohl schon im 18.
Jahrhundert entfernten Masswerke der Langhausfenster, Ergänzung der
Gesimse. und Strebepfeilerabdeckungen zur Ausführung. Die Bauperiode
des Jahres 1900 umfasst die Anbringung einer schlichten Rautenverglasung
in den Fenstern, sowie die Instandsetzungsarbeiten im Inneren; hier
Fig. 26. Lobberich. Querschnitt u. Masswerke der alten kathol.
Pfarrkirche.
war namentlich eine Isolierung gegen die aufsteigende Bodenfeuchtigkeit
notwendig, der Fussbodenbelag wurde ergänzt, das ganze Innere erhielt
einen einfachen Kalkanstrich. Im Jahre 1901 endlich wurde das Äussere
des Chores wiederhergestellt; hier waren grosse Teile der Tuffverblendung,
der ganze Sockel, der grösste Teil der Gesimse zu ersetzen. Zu diesen
Arbeiten wurde der besser haltbare, grobkörnige Tuff der Niedermendiger
Gegend verwendet.
Die Oberaufsicht über die Arbeiten führte der Königliche
Kreisbauinspektor, Baurat Ewerding in Krefeld; die örtliche Bauleitung
lag in den
Jahren 1898 1899 in den Händen des Baugewerksmeisters Joh. F Feldges,
für den Rest der Arbeiten in den Händen des Baugewerksmeisters
Pau1 Mertz in Lobberich.
Über die Kirche vgl. ausführlich:
Clemen, Die Kunstdenkmäler des
Kr. Kempen, S. 104. Clemen.
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